GEWINN JE AKTIE ERKLÄRT UND HÄUFIGE FEHLINTERPRETATIONEN
Eine detaillierte Anleitung zur EPS-Berechnung, zu Anpassungen und zu Ablesefehlern
Formel:
Die grundlegende EPS-Formel lautet:
EPS = (Nettogewinn – Vorzugsdividenden) / Gewichtete durchschnittliche Anzahl ausstehender Aktien
Dabei gilt:
- Nettogewinn: Der Gewinn des Unternehmens nach Steuern und Ausgaben.
- Vorzugsdividenden: Alle Dividenden, die den Vorzugsaktionären zustehen, abgezogen, da Stammaktionäre Zugriff auf den verbleibenden Gewinn haben.
- Gewichtete durchschnittliche Anzahl ausstehender Aktien: Spiegelt Veränderungen der Aktienanzahl im Laufe des Berichtszeitraums aufgrund von Aktienausgaben oder Aktienrückkäufen wider.
Das Ergebnis zeigt an, wie viel Gewinn das Unternehmen pro Aktie erwirtschaftet hat.
Wenn ein Unternehmen beispielsweise einen Nettogewinn von 10 Millionen Pfund und 5 Millionen ausstehende Aktien hat, beträgt sein Gewinn je Aktie (EPS) 2 Pfund.Es gibt verschiedene Arten von EPS, die üblicherweise in Unternehmensberichten ausgewiesen werden:
- Basis-EPS: Verwendet die oben genannte einfache Formel und eignet sich am besten für den Vergleich übersichtlicher Finanzkennzahlen.
- Verwässertes EPS: Berücksichtigt alle potenziellen Verwässerungen durch Mitarbeiteraktienoptionen, Wandelanleihen usw. und bietet eine konservativere Sichtweise.
- Bereinigtes EPS: Wird häufig von Unternehmen ausgewiesen und um bestimmte Posten wie einmalige Aufwendungen bereinigt, um den „Kerngewinn“ widerzuspiegeln.
Warum das EPS wichtig ist: Das EPS ist in verschiedenen Kontexten von entscheidender Bedeutung:
- Bewertung: Das EPS fließt direkt in das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ein, ein wichtiges Bewertungsinstrument.
- Performance-Benchmarking: Analysten nutzen EPS-Trends, um die Unternehmensleistung im Zeitverlauf zu beurteilen.
- Anlegerstimmung: Veränderungen des Gewinns je Aktie (EPS) können die Anlegerstimmung beeinflussen; stetiges Wachstum stärkt in der Regel das Vertrauen.
Obwohl der Gewinn je Aktie (EPS) von entscheidender Bedeutung ist, muss er sorgfältig und im Kontext mit anderen Kennzahlen betrachtet werden, um ein umfassendes Bild der finanziellen Gesundheit zu erhalten.
Der Gewinn je Aktie (EPS) gibt nicht immer das vollständige Bild wieder, da die Gewinnzahlen verschiedenen Anpassungen unterliegen können. Anleger sollten diese Anpassungen verstehen, um sich nicht von übermäßig optimistischen oder irreführenden Ergebnissen täuschen zu lassen. Hier sind einige der häufigsten EPS-Anpassungen, die Unternehmen und Analysten vornehmen:
1. Einmalige Posten
Unternehmen passen den EPS häufig an, um die Auswirkungen von einmaligen Ereignissen auszuschließen, wie zum Beispiel:
- Verkäufe von Vermögenswerten: Gewinne oder Verluste aus dem Verkauf eines Geschäftsbereichs oder einer Immobilie
- Vergleichszahlungen in Rechtsstreitigkeiten: Hohe Anwaltskosten oder Vergleichszahlungen
- Restrukturierungsaufwendungen: Kosten für Entlassungen oder organisatorische Veränderungen
Diese Posten werden oft mit der Begründung ausgeschlossen, dass sie nicht die laufende operative Leistung widerspiegeln. Das mag zwar zutreffen, öffnet aber auch Tür und Tor für häufige oder fragwürdige Ausschlüsse.
2. Aktienbasierte Vergütung
Technologieunternehmen und Startups vergüten Führungskräfte und Mitarbeiter häufig mit Aktien oder Aktienoptionen. Obwohl dies reale Kosten darstellt, die das Eigenkapital verwässern, schließen einige Unternehmen diese im bereinigten Ergebnis je Aktie (EPS) aus. Kritiker argumentieren, dass dies ein ungenaues Bild der tatsächlichen Verwässerung des Aktienkapitals und der betrieblichen Aufwendungen vermittelt.
3. Währungsschwankungen
Multinationale Unternehmen können Währungsschwankungen ausgleichen, um ein EPS-Ergebnis zu konstanten Wechselkursen darzustellen. Dies erleichtert den Vergleich über verschiedene Perioden hinweg, kann aber auch die reale Volatilität, die sich auf die Gewinne auswirkt, verschleiern.
4. Abschreibungen
Unternehmen ziehen die Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte manchmal vom EPS ab. Beispielsweise kann ein Unternehmen, das eine Marke erworben hat, akquisitionsbezogene immaterielle Vermögenswerte abschreiben, die nach Ansicht mancher nicht zum operativen Geschäft gehören. Wie „operativ“ diese Aufwendungen tatsächlich sind, ist Auslegungssache.
5. Steueranpassungen
In bestimmten Fällen passen Unternehmen den Gewinn je Aktie (EPS) auf Basis normalisierter Steuersätze an, insbesondere wenn eine einmalige Anpassung (z. B. eine Steuerbefreiung oder die Erfassung latenter Steuern) den ausgewiesenen Gewinn verzerrt. Ziel ist es, die Steuerbelastung unter regulären Bedingungen abzubilden.
6. Akquisitionen und Fusionen
Nach einer Fusion können Unternehmen EPS-Anpassungen vornehmen, indem sie Integrationskosten oder noch nicht realisierte Synergien ausklammern und „Pro-forma“-Ergebnisse präsentieren. Obwohl diese Zahlen Einblicke in zukünftige Erwartungen geben können, bleiben sie hochspekulativ.
Empfehlung für Anleger:
Seien Sie vorsichtig bei aggressiven EPS-Anpassungen. Überprüfen Sie stets die Überleitung von den nach US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) oder IFRS ermittelten Gewinnen zu den bereinigten oder nicht nach US-GAAP ermittelten Gewinnen, die in Anlegerpräsentationen oder Gewinnberichten angegeben werden. Verstehen Sie, was entfernt oder wieder hinzugefügt wird – und warum.
Das bereinigte Ergebnis je Aktie (EPS) kann nützlich sein, aber nur, wenn der Kontext und die Gründe für die Anpassungen transparent und nachvollziehbar sind. Andernfalls können diese Zahlen irreführend sein und ein übermäßig positives Bild der Leistung vermitteln.
Die Verwendung des unverwässerten Gewinns je Aktie unter Vernachlässigung des verwässerten Gewinns je Aktie kann ein zu optimistisches Bild vermitteln, insbesondere bei Unternehmen mit einem signifikanten Anteil ausstehender Optionen, Wandelanleihen oder Optionsscheine. Der verwässerte Gewinn je Aktie stellt ein vorsichtigeres Worst-Case-Szenario dar, da er alle möglichen Aktienemissionen berücksichtigt.
3. Übermäßige Fokussierung auf den bereinigten Gewinn je Aktie
Eine starke Fokussierung auf den „bereinigten“ Gewinn je Aktie kann problematisch sein. Dies sind Kennzahlen, die das Management hervorheben möchte, wobei häufig berechtigte Aufwendungen unberücksichtigt bleiben. Anleger sollten der Qualität des Gewinns Priorität einräumen, indem sie sowohl die bereinigten als auch die nach US-GAAP/IFRS ausgewiesenen Zahlen vergleichen.
4. Vernachlässigung von Kapitalstrukturänderungen
Der Gewinn je Aktie spiegelt lediglich den Gewinn je Aktie wider, berücksichtigt aber nicht, wie das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit finanziert. Beispielsweise kann ein steigender Gewinn je Aktie (EPS) mit einer Verschlechterung der Verschuldungskennzahlen einhergehen – und so potenzielle finanzielle Risiken verschleiern.
Beispiel: Ein Unternehmen kann sich stark verschulden, um eigene Aktien zurückzukaufen und dadurch den Gewinn je Aktie zu steigern. Die erhöhte Verschuldung könnte jedoch die langfristige Zahlungsfähigkeit gefährden.
5. Zeitliche Unterschiede und Saisonalität
Unternehmen können den Zeitpunkt ihrer Gewinnmitteilungen so wählen oder saisonal starke Quartale nutzen, um beeindruckende EPS-Zahlen zu präsentieren. Ein falscher Vergleich (z. B. Quartalsvergleich statt Jahresvergleich) kann zu fehlerhaften Schlussfolgerungen führen.
6. Fehlende Kontextanalyse
Der Gewinn je Aktie benötigt einen Kontext. Ohne Vergleich mit Vorperioden, Wettbewerbern oder Branchen-Benchmarks ist er nur bedingt aussagekräftig. Ein hoher Gewinn je Aktie bedeutet nicht zwangsläufig eine überdurchschnittliche Performance, wenn vergleichbare Unternehmen eine höhere Rentabilität oder ein höheres Wachstum bei geringerem Risiko erzielen.
7. Auswirkungen der Bilanzierungsmethoden
Die angewandte Bilanzierungsmethode kann den Gewinn je Aktie beeinflussen. Die Wahl zwischen linearer und degressiver Abschreibung beeinflusst beispielsweise den ausgewiesenen Gewinn. Gleiches gilt für Unterschiede in der Bildung von Rückstellungen oder der Umsatzrealisierung. Obwohl der Gewinn je Aktie (EPS) eine einheitliche Kennzahl darstellt, ist er nicht immer vollständig zwischen Unternehmen mit unterschiedlichen Bilanzierungsmethoden vergleichbar.
Bewährte Vorgehensweisen:
- Lesen Sie stets die Fußnoten und Gewinnberichte sorgfältig durch.
- Verwenden Sie den EPS zusammen mit anderen Kennzahlen wie Free Cashflow, Eigenkapitalrendite (ROE) und Verschuldungsgrad.
- Hinterfragen Sie starke Schwankungen des EPS – verstehen Sie die Ursachen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der EPS zwar ein aussagekräftiger Indikator ist, sich jedoch allein darauf zu verlassen – insbesondere ohne seine Herleitung oder die zugrunde liegende Qualität zu verstehen – zu kostspieligen Fehleinschätzungen führen kann. Ein kritischer, ganzheitlicher Ansatz bleibt daher unerlässlich.