DAS KGV ERKLÄRT UND WANN ES FEHLERHAFT IST
Erhalten Sie Einblicke in die Anwendungsmöglichkeiten, Grenzen und Schwächen des KGV.
Was ist das KGV?
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist eine der am häufigsten verwendeten Kennzahlen zur Bewertung von Aktien. Es wird berechnet, indem der aktuelle Aktienkurs durch den Gewinn je Aktie (EPS) dividiert wird. Das KGV hilft Anlegern zu ermitteln, wie viel sie für jeden Euro Gewinn eines Unternehmens bezahlen.
Formel:
KGV = Aktienkurs / Gewinn je Aktie (EPS)
Ein höheres KGV deutet im Allgemeinen darauf hin, dass Anleger zukünftiges Gewinnwachstum erwarten und daher bereit sind, einen Aufschlag zu zahlen. Umgekehrt kann ein niedrigeres KGV darauf hindeuten, dass ein Unternehmen unterbewertet ist oder vor Herausforderungen steht.Das KGV wird üblicherweise in zwei Arten unterteilt:
Wann das KGV versagt
Obwohl das KGV häufig in der Aktienanalyse verwendet wird, hat es seine Grenzen. Es gibt bestimmte Szenarien, in denen seine Aussagekraft erheblich eingeschränkt sein kann. Das Verständnis dieser Bedingungen ist entscheidend für die verantwortungsvolle Anwendung des KGV im Rahmen einer umfassenderen Investitionsstrategie.
Hier sind einige wichtige Situationen, in denen das KGV versagt:
1. Negative oder Null-Gewinne
Das wohl offensichtlichste Problem tritt auf, wenn ein Unternehmen negative Gewinne ausweist. Da die Formel einen positiven Nenner (Gewinn je Aktie) erfordert, wird das KGV entweder undefiniert oder irreführend. Es ist nicht ratsam, verlustbringende Start-ups oder zyklische Unternehmen in Abschwungphasen mithilfe des KGV zu bewerten. In solchen Fällen können alternative Kennzahlen wie das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) oder das Verhältnis von Unternehmenswert zu EBITDA hilfreicher sein.
2. Gewinnvolatilität
Wenn die Gewinne eines Unternehmens aufgrund von einmaligen Ereignissen, Änderungen in der Rechnungslegung oder unregelmäßigen Kapitalgewinnen stark schwanken, kann das resultierende KGV ein verzerrtes Bild der operativen Leistung vermitteln. Beispielsweise könnte ein Unternehmen, das einen wichtigen Vermögenswert verkauft, einen vorübergehenden Gewinnanstieg ausweisen, der den Gewinn je Aktie (EPS) erhöht und somit das KGV senkt – eine Verzerrung, die die nachhaltige Ertragskraft nicht widerspiegelt.
3. Wachstumsstarke Unternehmen
Bei schnell wachsenden Unternehmen, insbesondere solchen, die stark in Expansion reinvestieren, anstatt Gewinne zu erzielen, können KGVs ungerechtfertigt hoch oder irreführend niedrig erscheinen. In solchen Szenarien sind Zukunftsprognosen, Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF) oder das Kurs-Gewinn-Wachstums-Verhältnis (PEG) für Bewertungszwecke möglicherweise besser geeignet.4. BilanzmanipulationDie Gewinnzahlen können durch aggressive Bilanzierungsmethoden beeinflusst werden, darunter der Zeitpunkt der Umsatzrealisierung, Abschreibungsannahmen oder außerbilanzielle Posten. Da das KGV auf dem ausgewiesenen Jahresüberschuss basiert, kann eine solche Manipulation dazu führen, dass eine Aktie günstiger oder teurer erscheint, als sie tatsächlich ist.5. Verzerrungen der KapitalstrukturHoch verschuldete Unternehmen können aufgrund steuerlich begünstigter Zinsaufwendungen solide Gewinne ausweisen, sind aber dennoch erheblichen langfristigen Insolvenzrisiken ausgesetzt. Ebenso können Unternehmen, die häufig Aktienrückkäufe durchführen, einen künstlich erhöhten Gewinn je Aktie (EPS) erzielen, wodurch das KGV auf dem Papier sinkt, ohne die tatsächliche Gewinnqualität zu verbessern.6. Sektor- und Wirtschaftsunterschiede
Verschiedene Sektoren weisen unterschiedliche Kapitalintensität, Regulierungsgrade und Gewinnmargen auf. Unternehmen in kapitalintensiven Branchen wie der Telekommunikation können ein niedrigeres KGV aufweisen als kapitalarme Softwareunternehmen. Makroökonomische Veränderungen, wie beispielsweise steigende Zinsen, können die Anlegerstimmung beeinflussen und historische KGV-Vergleiche überflüssig machen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die alleinige Verwendung des KGV – insbesondere in komplexen, volatilen oder unkonventionellen Geschäftsfeldern – zu fehlerhaften Bewertungen führen kann. Erfolgreiche Anleger wissen, wann das KGV relevant ist und wann es durch umfassendere Finanzinstrumente ergänzt werden muss.
Alternativen zum KGV
Da das KGV seine Grenzen hat, nutzen Finanzanalysten und Investoren eine Reihe ergänzender Bewertungskennzahlen, um ein umfassenderes Unternehmensbild zu erhalten. Diese Kennzahlen beheben häufig die Schwächen des KGV und bieten tiefere Einblicke in Rentabilität, Anlagennutzung und Wachstumspotenzial.
1. Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV)
Das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) vergleicht die Marktkapitalisierung eines Unternehmens mit seinem Gesamtumsatz. Im Gegensatz zum KGV kann es auch für Unternehmen mit negativen Gewinnen verwendet werden und ist daher besonders nützlich für junge oder verlustbringende Unternehmen.
Formel: Marktkapitalisierung / Gesamtumsatz
Obwohl das KUV die Rentabilität nicht widerspiegelt, kann es ein wichtiges Screening-Instrument sein, um Unternehmen mit skalierbaren Geschäftsmodellen oder verbesserter operativer Hebelwirkung zu identifizieren.
2. Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV)Das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) misst den Marktwert eines Unternehmens im Verhältnis zu seinem Buchwert (Gesamtvermögen abzüglich Verbindlichkeiten). Es wird häufig zur Beurteilung von vermögensintensiven Unternehmen oder Finanzinstituten verwendet, bei denen Sachanlagen eine entscheidende Rolle spielen.Formel: Marktwert je Aktie / Buchwert je AktieKBV-Werte unter 1 können auf eine Unterbewertung hindeuten, dies ist jedoch kontextabhängig. Sie können auch auf notleidende oder leistungsschwache Vermögenswerte hinweisen, daher muss die zugrunde liegende Bilanzstruktur berücksichtigt werden.3. Unternehmenswert im Verhältnis zum EBITDA (EV/EBITDA)
Das Verhältnis von Unternehmenswert zu EBITDA ist eine beliebte Alternative zum KGV, da es Schulden berücksichtigt, Steuern und nicht zahlungswirksame Aufwendungen jedoch ausschließt. Dadurch bietet es eine kapitalstrukturneutralere Sicht auf die Ertragskraft eines Unternehmens.
Formel: Unternehmenswert / EBITDA
Das Verhältnis von Unternehmenswert zu EBITDA wird häufig bevorzugt, um Unternehmen mit unterschiedlichen Kapitalstrukturen oder in fremdkapitalintensiven Branchen zu vergleichen, da es einen besseren Einblick in die operative Effizienz bietet.